2. & 3. OKTOBER 2024 | 19:30 Uhr
SCHAULUST AM GÜTERBAHNHOF
Beim Handelsmuseum 9, 28195 Bremen
ORFEO | Marc Mauillon
KALLIOPE | Benedetta Mazzucato
PLUTONE | Dominik Wörner
Sopran | Cornelia Fahrion & Erika Tandiono
Tenor | Mirko Ludwig & Manuel Warwitz
SCHAUSPIEL | Loreley Rivers, Luca Manuel Mbiene,
Esteban Romo Salcedo, Franziska Steinhaus
Violinen | Mechthild Karkow & Rebecca Raimondi
Viola | Amy Shen
Cembalo | Alexander von Heißen
Regie | Ana Cuéllar Velasco
Künstlerische Leitung |
Bernhard Reichel (Chitarrone)
"Die Komödie sucht schlechtere, die Tragödie bessere Menschen nachzuahmen,
als sie in der Wirklichkeit vorkommen." - Aristoteles "Poetik"
Tragödie und Komödie, Helden der Mythologie und kleinbürgerliche Alltagsszenen, hohe Dichtung und anzügliches Küchenlatein, avantgardistische Monodien und volkstümlichen Canzonetten - all das trennt und verbindet die beiden Werke von Domenico Belli und Adriano Banchieri. Dabei ist die Idee eine Komödie mit tragischen Intermedien (musikdramatische Zwischenspiele) zu gliedern so alt wie das moderne Theater selbst: Beispiele lassen sich bei den großen Florentiner Hochzeiten 1598 und 1608 bis zu Richard Strauss’ Oper „Ariadne auf Naxos“ finden.
Beide Formen von Theatermusik – das Kunsttheater der Intermedien, das auf der Addition verschiedener Künste wie Malerei, Architektur, Musik, Rhetorik basierte, und die heitere Theaterkunst der Commedia dell’arte – bilden eine komplementäre Einheit, die unterschiedliche Menschenbilder und Weltsichten an einem Abend, alternierend in einer Aufführung präsentieren. In unserer Serenata tragicomica präsentieren wir Banchieris Komödie „Il metamorfosi musicale“ und Domenico Bellis Mini-Oper „Orfeo dolente“ in einem kurzweiligen musiktheatralischen Abend in der Bremer Schaulust. Die Regie hat Ana Cuéllar Velasco.
Die Madrigalkomödie „Il metamorfosi musicale“ von Adriano Banchieri aus dem Jahr 1601 ist die Vertonung einer italienischen Stehgreifkomödie (commedia dell’arte), mit all ihren rasanten Späßen, intriganten Figuren und derben Dialogen. Feigenhändler Stefanello, Apotheker Michelino, die schwer Verliebten Florio und Laura, Kurtisane Ninetta und der Bedienstete Pedrolino sind in ein haarsträubendes Spiel um Eifersucht, Macht und soziale Rollen verwickelt. Gemäß Banchieris szenischen Anweisungen singt ein Vokalensemble die Dialogtext hinter einem Vorhang, während Schauspieler:innen die Handlung pantomimisch auf der Bühne darstellen. Im Gegensatz zu den idealisierten Figuren des Musikdramas, stellt die Madrigalkomödie „wenn man ihren Inhalt genau betrachtet, fast alle Handlungen des Privatmannes dar, und als Spiegel des menschlichen Lebens ist ihr Ziel nicht weniger Gewinn als Vergnügen.“ (Orazio Vecchi, 1597)
Domenico Bellis Intermedien „Orfeo dolente“ wurden 1616 in Florenz als Umrahmung von Torquato Tassos Komödie „Aminta“ aufgeführt. Die Miniatur-Oper in fünf kurzen Akten handelt von Orfeos Verzweiflung nach dem endgültigem Verlust seiner Geliebten Eurydike. Aussergewöhnlich ist der Auftritt von Orfeos Mutter Kalliope, sie steht ihm bei, um den Gott der Unterwelt um Gnade zu bitten. Bellis Musik ist avantgardistisch und gewagt, während der Text des berühmten Dichters Gabriello Chiabrera vollkommen im Zeichen des modernen Manierismus steht. Mit Intermedien demonstrierte das Herrscherhaus seine Pracht: Moderne Kunst, von den fortschrittlichsten Dichtern und Komponisten ihrer Zeit, prunkvolle Bühnenbilder, unzählige Musiker*innen und wundersame Bühneneffekte sollen das Publikum ins Staunen versetzen.
PROGRAMM
Orfeo dolente: Primo Intermedio
Nachdem er Eurydike zweimal verloren hat, kehrt Orpheus zu den Toren der Unterwelt zurück.
Er gesteht seine Schuld ein, hofft aber, den Gott der Unterwelt noch einmal zu beugen, so dass er seine Eurydike wiederfindet. Doch Plutone lässt sich nicht erweichen.
Il Metamorfosi musicale: Prologo
Handlung, Ort und Personen der Komödie werden vorgestellt.
Orfeo dolente: Secondo Intermedio
Kalliope beklagt sich, dass ihr Sohn so unglücklich ist und setzt sich bei Plutone für Orpheus ein.
Dieser bleibt unnachgiebig. Kalliope und die Hirten kommentieren seine Entscheidung.
Il Metamorfosi musicale: Atto primo
Der alte Feigenhändler Stefanello verspricht dem Apotheker Michelino die Hand seiner Tochter Laura. Stefanello begehrt die Kurtisane Ninetta und plant mit Pedrolino das Hochzeitsessen.
Orfeo dolente: Terzo Intermedio
Orpheus flüchtet an einen einsamen Ort, um sich seinem Schmerz hinzugeben.
Kalliope und die Hirten drängen ihn, vor einer neuen Liebe nicht zu fliehen.
Orpheus wünscht sich nichts sehnlicher, als sein Leid zu klagen.
Il Metamorfosi musicale: Atto secondo
Stefanello stellt der Kurtisane Ninetta nach, sie weist ihn harsch ab.
Florio ist in Laura verliebt, erfährt von der geplanten Hochzeit und möchte sich das Leben nehmen.
Orfeo dolente: Quarto Intermedio
Die Grazien werfen Amor vor, dass er Orpheus klagen lässt. Der Chor der Nymphen äußert den Wunsch, dass eine neue Liebe sein Herz entflammen möge, doch Orpheus will nur an Eurydike denken.
Il Metamorfosi musicale: Atto terzo
Der Bedienstete Pedrolino berichtet Laura, dass Florio sich umbringen will.
Laura gesteht sich ihre Liebe zu Florio ein.
Michelino versucht Laura mit einem Madrigal zu verführen.
Orfeo dolente: Quinto Intermedio
Der Chor wünscht sich erneut, dass Orpheus' Herz für eine neue Liebe schlägt.
Die Grazien drücken ihr Vertrauen in die Liebe aus. Orpheus klagt weiter und wünscht sich den Tod.
Il Metamorfosi musicale: Conclusione
Stefanello beschwert sich über seine misslungenen Pläne. Laura und Florio heiraten.
Marc Mauillon singt sowohl Tenor- als auch Baritonpartien und war bereits als Papageno (Die Zauberflöte), Bobinet (La Vie parisienne), Mercure (Orphée aux enfers), Ehemann in Poulencs Les Mamelles de Tirésias, Momo in Luigi Rossis Orfeo, La Haine in Lullys Armide, Tisiphone in Rameaus Hippolyte et Aricie und Sorceress (Dido and Aeneas) sowie in den Titelpartien in Cavallis Egisto und Monteverdis L’Orfeo, als Pelléas (Pelléas et Mélisande), Adonis in John Blows Venus and Adonis und Pélée in Marais’ Alcione zu hören.
Auf dem Konzertpodium sang er französische Motetten von Charpentier, Lully, Rameau, Desmarest, Campra und Couperin, italienische Madrigale von Monteverdi und Gesualdo, weltliche Kantaten von Bach, Händel, Vivaldi, Telemann, Montéclair und Clérambault wie auch Musik des Mittelalters und der Renaissance.
Er arbeitete mit Dirigenten wie William Christie, Marc Minkowski, Raphaël Pichon, Christophe Rousset, Alain Altinoglu, Jordi Savall, Vincent Dumestre, Hervé Niquet, Emmanuelle Haïm, Laurent Campellone, Maxime Pascal und Geoffroy Jourdain sowie mit Regisseuren wie Lukas Hemleb, Deborah Warner, Benjamin Lazar, Robert Carsen und Jetske Mijnssen zusammen.
Gemeinsam mit Myriam Rignol, Thibaut Roussel und Marouan Mankar-Bennis nahm er eine CD mit Michel Lamberts Leçons de Ténèbres auf, die 2018 beim Label harmonia mundi erschien. Beim selben Label erschien 2020 ein Fauré-Album mit der Pianistin Anne Le Bozec.
In jüngerer Vergangenheit war Marc Mauillon als Cithéron in Rameaus Platée am Theater an der Wien, als Andrès/Cochenille/Pitichinaccio/Frantz (Les Contes d’Hoffmann) an der Opéra National de Bordeaux, in Rezitals mit Lea Desandre an der Opéra Comique und bei Konzerten anlässlich des 40. Jubiläums von Les Arts Florissants in London, Hamburg, Baden-Baden, Madrid und Paris zu hören.
Weitere Engagements umfassen Orfeo an der Königlichen Oper Kopenhagen, Pelée in Marais’ Alcione am Gran Teatre del Liceu in Barcelona und zuletzt Pelléas an der Opéra National Montpellier.
Seit 2018 unterrichtet er Interpretation Alter Musik an der Pariser Sorbonne.
Die neuesten und zukünftigen Engagements der italienischen Altistin Benedetta Mazzucato umfassen L'Olimpiade ARGENE in Vivaldis L'Olimpiade am Theater an der Wien, den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik und das Théâtre des Champs Elysées, das Konzert Drama Queens beim Festival d'Ambronay mit Christina Pluhar sowie ein Konzert mit L'Arpeggiata und Rolando Villazón in Lyon.
Zu den vergangenen Engagements gehören BRADAMANTE in Alcina am Badischen Staatstheater Karlsruhe, SECOND WITCH in Dido & Aeneas an der Opera Royal de Wallonie, beim Early Music Festival of Utrecht, in den Caracalla-Thermen in Rom, DORI in La Grotta di Trofonio am Teatro di San Carlo in Neapel und beim Valle d'Itria Festival. Weitere Engagements umfassen die Titelrolle in Silla am Palau de les Arts Valencia, NIRENO und die Ersatzrolle für CESARE in Giulio Cesare in Toulon, das Stabat Mater beim Jesi Festival, ihr Debüt als OTTAVIA in L'incoronazione di Poppea, NAHUAL in der europäischen Premiere von Orfeo Chaman bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen und in Bogotá, die Titelrolle in Catone beim Baroque Opera Festival Barga und LA VIRTU in La Senna Festeggiante mit dem Barockorchester von Sevilla.
Weitere vergangene Engagements umfassen Das Lied von der Erde mit dem Concertgebouw Orchestra in Rom und Turin, MADDALENA in Rigoletto in Reggio Emilia, das Stabat Mater im Le Palais Royale in Paris, eine Tournee durch China mit dem Orchester der Associazione Abruzzese Amici della Musica, NIRENO in Giulio Cesare beim Handel Festival Versailles, Petite Messe Solennelle beim Festival d'Art Lyrique d'Aix en Provence, CLEARCO in Il Bajazet mit dem Orchestra of Auser Musici, ZULMA in L'Italiana in Algeri in Vichy.
Benedetta arbeitet regelmäßig mit dem Ensemble L'Arpeggiata, LaVerdi Barocca und Le Jardin des Voix in Frankreich, New York, Madrid, Moskau, Amsterdam, Helsinki und Mailand. Sie war Finalistin beim Innsbrucker Barockgesangswettbewerb Pietro A. Cesti und beim Internationalen Wettbewerb Renata Tebaldi in San Marino. Außerdem war sie Teil der Akademie beim Rossini Opera Festival. Sie nahm am Young Artist Program Domingo Thornton in Los Angeles und am Young Singer Program in Salzburg teil, wo sie die DRITTE DAME in Die Zauberflöte sang.
Der Bassbariton Dominik Wörner studierte Kirchenmusik, Musikwissenschaft, Cembalo, Orgel und Gesang in Stuttgart, Fribourg und Bern. Sein maßgeblicher Lehrer in Gesang war Jakob Stämpfli. Die Meisterklasse für Lied bei Irwin Gage in Zürich schloss er mit Auszeichnung ab.
Den Grundstein für seine internationale Karriere legte Dominik Wörner mit dem Gewinn des 1. Preises beim renommierten Internationalen Bach-Wettbewerb in Leipzig 2002.
Mit den großen Oratorienpartien seines Fachs trat der Sänger in den wichtigsten Konzertsälen der Welt auf; beispielhaft seien genannt Concertgebouw Amsterdam, Royal Albert Hall London, Théâtre des Champs Elysées Paris, Lincoln Center New York, Sydney Opera House, Tokyo Suntory Hall. Dabei arbeitete er mit bedeutenden Dirigenten zusammen wie etwa Carl Saint Clair, Christophe Coin, Claus Peter Flor, Thomas Hengelbrock, Pablo Heras-Casado, Philippe Herreweghe, Michael Hofstetter, Manfred Honeck, Tõnu Kaljuste, Sigiswald Kuijken, Peter Neumann, Philippe Pierlot, Helmuth Rilling oder Masaaki Suzuki. Als gern gesehener Gast trat er mit berühmten Orchestern und Ensembles auf wie dem Bach Collegium Japan, dem Concerto Melante, dem Deutschen Sinfonieorchester Berlin, dem Concertgebouw Orkest Amsterdam, dem Nargen Festival Orchestra Tallinn, den Prager Philharmonikern, dem Symphonieorchester Bern, dem Tonhalleorchester Zürich, der Berliner Bachakademie, den Bamberger Symphonikern, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem Münchner Rundfunkorchester, dem Collegium Vocale Gent, La Petite Bande, dem Ensemble Baroque de Limoges, um nur einige anzuführen.
Daneben gilt seine besondere Leidenschaft dem Liedgesang. Mit seinem reichhaltigen Liedrepertoire gastierte Dominik Wörner unter anderem in Bern, Istanbul, Leipzig, München, Salzburg, Toblach, Tokyo und Zürich. Seine Einspielungen von Schuberts Winterreise und Schwanengesang - jeweils auf einem originalen Hammerflügel der Biedermeier-Zeit (ARS) - wurden in der Fachpresse als "exemplarisch und berührend" gelobt. Als Artistic Director des Deutsch-Japanischen Liedforums Tokyo und Mitbegründer der Biennale "Kirchheimer Liedersommer" bringt sich der vielseitige Künstler auch als Veranstalter aktiv für die Pflege des Kunstlieds in beiden Ländern ein. Die erste CD-Einspielung im Rahmen des DJL mit Masato Suzuki erfolgte auf einem historischen Streicher-Flügel von 1870 mit dem Zyklus "Die Schöne Magelone" von Brahms. Zugleich ist Dominik Wörner der Einsatz für die Musik unserer Zeit ein wichtiges Anliegen, wovon mehrere Uraufführungen von Stücken zeugen, die Komponisten für ihn geschrieben haben, wie das im Triester Dom uraufgeführte "Canticum Canticorum" von Marco Sofianopoulo, Axel Ruoffs "Memento creatoris tui" oder die "Lamentatio" sowie das "Triptychon" von Werner Jacob bei den Sebalder Nachtkonzerten Nürnberg (Produktion für den Bayerischen Rundfunk). Sein erfolgreiches Operndebüt gab der Bassbariton in Solothurn in Rousseaus Le devin du village (cpo). Beim Murten Classics reüssierte er als Dulcamara in Donizettis L'elisir d'amore. Gefeiert wurden seine Darstellung als Nanni in Haydns L'infedeltà delusa in Mailand und München ebenso wie seine Interpretationen als Sander in Gretry's Zémire et Azor sowie als Ulysses in Gouvy´s spätromantischer Oper Polyxena.
Mittlerweile dokumentieren über 90 CD- und DVD-Produktionen (davon 10 Solo-CDs), bei verschiedensten Labels - darunter auch preisgekrönte Aufnahmen Echo Klassik, Diapason d'Or de l'Année, Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik, BBC Music Magazine Choral Award) sowie etliche TV- und Rundfunkübertragungen - sein vielseitiges Können.
Höhepunkte der letzten Zeit waren Bachs Weihnachtsoratorium in Moskau, Mendelssohns Paulus im Herkulessaal München, Bachs Kaffeekantate in St. Gallen (Video), Mozarts Requiem in Tokyo, Bachs Aeolus-Kantate in Budapest, Beetvovens Missa solemnis in Basel, Händels Messiah in Kobe, Pergolesis La serva padrona in Klaipeda (Litauen), Rossinis Petite messe solennelle in Basel, Monteverdis Selva morale in Barcelona, Konzerte und CD-Aufnahme mit Graupner-Kantaten in Darmstadt, eine Japan-Tournée mit dem Deutschen Requiem von Brahms sowie eine US-Tour (NY Lincoln Center u.a.) mit Bachs Weihnachtsoratorium und dem Bach Collegium Japan. In nächster Zeit sind Auftritte in Berlin (Hamel, 6. Sinfonie), Brixen (Grieninger), Fulda (Rothe, Matthäuspassion), Hamburg (Telemann), Rotterdam (Bach, Matthäuspassion), Tokyo (Bach, Kantaten), Utrecht (Graupner), Dresden (Schütz), Leipzig (Abschlusskonzert Bachfest), Bern (Haydn, Schöpfung) und St. Gallen (Bach - Video) geplant.
Dominik Wörner ist Gründer des Kirchheimer VokalConsorts, des Kirchheimer BachConsorts, des Kirchheimer DübenConsorts, Mitbegründer von Sette Voci und neben seiner solistischen Laufbahn begeisterter Consortsänger in diversen Formationen.